Immer mal wieder werde ich gefragt, was mich bewogen hat, Hospizhelferin zu werden. Das war ein längerer Prozess, der schon vor vielen Jahren begonnen hat. Es war der Tag, an dem ich die Diagnose „Hirntumor“ erhielt.

Ich fühlte den Boden unter meinen Füßen weggezogen, war von jetzt auf nachher auf unbestimmte Zeit – oder für immer? – krankgeschrieben. Am ersten Tag meiner Krankschreibung schaltete ich morgens das Radio an, zufällig wurde die Morgenandacht gesendet. Und ich hatte das Gefühl, diese Morgenandacht ist ganz allein an mich gerichtet. Dank Internet konnte ich das Manuskript ausdrucken. Seitdem hängt die Interpretation der Zeilen von Hilde Domin bei mir an der Wand neben dem Schreibtisch.

[…] Der Wunsch verschont zu bleiben
taugt nicht.

Es taugt die Bitte […]
daß wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden
[…]

(Hilde Domin, Bitte, aus: Gesammelte Gedichte, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt/M. 1987, mit freundlicher Genehmigung von Fischerverlage)

Seit diesem Morgen begleitet mich der Text.

Ich hatte damals Glück – mein Hirntumor wurde operiert, und es stellte sich heraus, dass er gutartig war.

Doch diese Erfahrung hat mich verändert: Ich bin mir bewusster, dass mein Leben endlich ist, ich habe keinen Anspruch von Schicksalsschlägen verschont zu werden. Aber ich bin mir gewiss, dass ich nicht tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Und ich darf immer wieder um Kraft bitten, meine Aufgabe zu meistern.

Mit dieser Lebenseinstellung entschied ich mich zu Beginn meines Ruhestandes, mich als Hospizhelferin ausbilden zu lassen. Denn ich denke, dass eigene Erfahrungen helfen können, sich in andere Menschen in schweren Krisensituationen hineinzufühlen.

Zu diesen Gedichtzeilen hieß es in der Morgenandacht: Was taugt, ist die Bitte – das Gebet um Gnade, um Bewährung, nicht um Schonung. Denn – so Hilde Domin: Der Mensch muss solidarisch sein mit seinem Schicksal.

Was für eine Zumutung! Es taugt nicht, sich dagegen zu wehren, es taugt nicht, es nicht wahrhaben zu wollen, es taugt nicht, darüber zu jammern. Es gilt, versehrter zu werden – heiler zu werden – stets von neuem zu uns entlassen zu werden.

Das Heiler-Werden liegt nicht in unserer Hand, sondern in Gottes Hand. In unserer Hand aber ist die Bitte. Was taugt in der Begegnung mit dem eigenen Schicksal, ist das Gebet. (Evangelische Kirche im NDR, 2002)

Seit diesem Morgen begleitet mich der Text.

Ich hatte damals Glück – mein Hirntumor wurde operiert, und es stellte sich heraus, dass er gutartig war.

Doch diese Erfahrung hat mich verändert: Ich bin mir bewusster, dass mein Leben endlich ist, ich habe keinen Anspruch von Schicksalsschlägen verschont zu werden. Aber ich bin mir gewiss, dass ich nicht tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Und ich darf immer wieder um Kraft bitten, meine Aufgabe zu meistern.

Mit dieser Lebenseinstellung entschied ich mich zu Beginn meines Ruhestandes, mich als Hospizhelferin ausbilden zu lassen. Denn ich denke, dass eigene Erfahrungen helfen können, sich in andere Menschen in schweren Krisensituationen hineinzufühlen.