Organspende? Mit dieser Frage habe ich mich bislang nicht wirklich auseinander gesetzt. Es ist ja schon schwierig genug, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich sterben möchte. Und noch einmal schwieriger, meine Vorstellungen in einer Patientenverfügung zu formulieren.

Nun liegt seit einigen Wochen ein Spenderausweis auf meinem Schreibtisch. Er wurde mir im Bürgerbüro zusammen mit meinem neuen Personalausweis kommentarlos hingeschoben. Das setzt mich unter Druck, mehr noch als die Diskussion in den Medien. Unter Druck aber kann und will ich keine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung kann ich nur treffen, wenn ich ausreichend informiert bin.

Komme ich überhaupt als Spenderin in Frage?
Welche Organe könnte ich spenden?
Wie ist der Ablauf bei einer Organspende?
Steht das, was ich in meiner Patientenverfügung formuliert habe, einer Organspende im Wege?
Werde ich wirklich nichts spüren von dieser Operation?
In welcher Phase können meine Zugehörigen sich von mir verabschieden?

In den letzten Wochen habe ich viele Gespräche geführt und viel gelesen.
Ich habe gelernt:
Ob ich zur Organspenderin werde, ist einzig und allein meine persönliche Entscheidung. Es ist nicht moralisch verwerflich, wenn ich mich nach sorgfältigen Überlegungen gegen eine Organspende entscheide.
Wie auch immer meine Entscheidung ausfällt: Ich werde unbedingt dieses kleine Kärtchen ausfüllen und bei mir tragen. Wenn es wirklich dazu kommt, dass ich zum Beispiel durch einen Unfall von jetzt auf gleich zu einer potentiellen Spenderin werde, sollen nicht meine Zugehörigen mit dieser Entscheidungsfrage konfrontiert werden.

Einen Druck, mich für eine Organspende zu entscheiden, spüre ich nicht (mehr), wohl aber den Druck, den Ausweis zeitnah auszufüllen.

Ulrike Jürgens

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Organspende
Kritische Aufklärung über Organtransplantation (KAO e.V.)