Ein besonderes Buch, ein Buch über ein Kind, aber kein Kinderbuch – und doch auch ein Buch für Kinder. Hier stirbt nicht der Hund, nicht der Hamster wird im Garten begraben, und es ist auch nicht der Opa, der stirbt. Oskar, der 10-jährige, wird sterben, und den Weg dahin beschreibt er aus seiner Sicht.

Oskar ist im Krankenhaus, er hat Leukämie, bekam eine Transplantation, aber er wird nicht gesund. Niemand im Krankenhaus will mit ihm darüber reden, niemand das Wort Tod hören, auch seine Eltern nicht. Nur Oma Rosa, eine von den in Rosa gekleideten Besuchsdamen, Oma Rosa, die ihm erzählt, sie sei uralt und sie sei früher Catcherin gewesen, sie ist in diesem Punkt ehrlich.
Und sie rät Oskar (der nicht einmal an den Weihnachtsmann glaubt und dessen Eltern mit ihm nie über Gott sprachen), sie rät ihm, jeden Tag einen Brief an den lieben Gott zu schreiben. Damit er sich nicht so einsam fühlt, und um zu bitten: um Mut, Geduld und Erklärungen.
Oma Rosa ist es auch, die Oskar vorschlägt, ab sofort jeden Tag wie ein ganzes Jahrzehnt seines Lebens zu „erleben“. Und so ist Oskar das freche Kind, der pubertierende Junge, der verliebte junge Mann… Oskar erlebt auch noch einen „super Weihnachtsabend“ mit seinen Eltern, an dem endlich offen miteinander geredet wird.
Den letzten Brief schreibt ein versöhnter Oskar: „Lieber Gott, hundertzehn Jahre alt. Das ist ’ne Menge. Ich glaub‘, ich fang‘ an zu sterben.“
Oskar stirbt, als Oma Rosa und die Eltern draußen sind, um einen Kaffee zu trinken. Auf Oskars Nachttisch steht ein Schildchen:

Nur der liebe Gott darf mich wecken.

Eric-Emmanuel Schmitt: Oskar und die Dame in Rosa. Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M. 2005

Heidemarie Wypich