Gute Wünsche – aus den vielen Muscheln haben sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trauerkreises den Wunsch ausgesucht, der für sie die größte Bedeutung hat.

 

Anke Finke: Wir sind angekommen auf dem Stadtfriedhof Ricklingen: zwei Elternpaare und eine Mutter. Dies ist unser zehntes und letztes Treffen als Gruppe. Auch wenn die Kommunikation über das Internet (wegen der Corona-bedingten Einschränkungen) erstaunlich gut funktionierte: Heute freuen wir uns, dass eine persönliche Begegnung wieder möglich ist. Hier in den „Räumen der Stille“ wollen wir uns Zeit nehmen – für die Trauer und für den Abschied.
Im September 2019 haben wir uns zum ersten Mal in dieser festen Gruppe getroffen; danach dann einmal im Monat. Während der Pandemie sind wir per Videokonferenz zusammengekommen. Ein offener, verständnisvoller Austausch über unsere verlorenen Kinder und das Leben mit der Trauer waren der Mittelpunkt dieser Treffen.
Tränen konnten ungehemmt fließen. Aber auch gelacht haben wir zusammen. Wir haben uns Trost und Mut zugesprochen, vor allem aber haben wir zugehört und verstanden. Gemeinsam haben wir ein Stück Trauerweg zurückgelegt.
Heute – in den „Räumen der Stille“ – nehmen wir uns Zeit, das erste Trauerjahr Revue passieren zu lassen. Wir schauen auf „Nicht wahrhaben wollen“, die „Wut“ und „Depression“, das „Verhandeln“. Der letzte Raum, „Akzeptanz“, lässt uns fragen, ob wir hier innerlich schon angekommen sind. Den Verlust des Kindes zu akzeptieren ist sehr schwer. In Gemeinschaft diese Last zu tragen und in vertrauensvoller Atmosphäre darüber zu sprechen, entlastet. Das nehmen wir mit auf unserem weiteren Lebensweg.
(Anke und Michael Finke haben als Folge einer Frühgeburt ihre Zwillinge verloren. Sie leiten diesen Trauerkreis.)

Ein Elternpaar: Auf den „Trauerkreis für Paare“ wurden wir über den Zeitungsartikel aufmerksam. Meine Mutter hatte ihn uns in den Briefkasten gesteckt. Von allein hätten wir uns wohl keine weitere Hilfe gesucht. Schon der erste Schritt, der Anruf beim Hospizverein, fiel uns schwer. Sich einzugestehen, dass man sich dem Thema noch einmal stellen sollte, ist nicht leicht. Leichter wäre es wohl gewesen zu verdrängen, jedenfalls für den Moment.
Uns beiden hat die Trauergruppe sehr viel gebracht! Nach dem Verlust unseres Zwillingsmädchens waren wir so sehr damit beschäftigt, ihren Bruder zu versorgen, dass für Trauer eigentlich keine Zeit war. An den gemeinsamen Abenden nahmen wir uns diese Zeit. Der Austausch mit anderen Betroffenen war sehr hilfreich – auch über das Gespräch hinaus. Wir haben als Paar jedenfalls immer was mit nach Hause genommen. Für das Angebot sind wir sehr dankbar. Insbesondere das Konzept, als Paar an dem Trauerkreis teilzunehmen, hat uns angesprochen.

Eine Mutter: Im Rückblick war die Zeit in unserer Trauergruppe für mich ein wichtiger Baustein in meiner Trauerbewältigung. Zu Beginn habe ich noch wie in einer Blase gelebt. Das Leben um mich herum ging weiter, aber ich fühlte mich nicht mehr dazugehörig. Denn mein eigenes Leben hatte sich durch den Tod meines Kindes drastisch verändert. Schaute ich mich um, hatte ich das Gefühl, der einzige trauernde Mensch zu sein. Selbst mit der Familie oder Freunden konnte ich meine Trauer nicht wirklich teilen.
Unsere Trauergruppe war ein guter und wichtiger Ort, um meine Trauer zuzulassen. Hier musste ich keine Haltung bewahren, konnte meine Gedanken aussprechen und meine Tränen fließen lassen. Ich war endlich unter Menschen, die den gleichen Verlust erlebt hatten. Ich war nicht mehr allein mit meinem Schmerz. Bei unseren Treffen und in der Zeit dazwischen habe ich mir bewusst Zeit genommen, der Trauer zu begegnen – anstatt sie zu verdrängen.
Es ist schön zu erleben,wie viel besser wir alle nach fast einem Jahr mit dem Verlust unserer Kinder leben können. Ich kann von mir jedenfalls sagen, dass ich Luis inzwischen gehen lassen konnte und mich wieder mehr meinem Leben zuwenden kann.

Hinweis: Der nächste Trauerkreis für verwaiste Eltern beginnt am 15. September 2020.

Wenn Kinder vor den Eltern sterben (Schaufenster Wolfenbüttel, 16.08.2020)

 

Impressionen vom Besuch in den „Räumen der Stille“, Stadtfriedhof Hannover-Ricklingen