Heute ist es wieder soweit. Margit und ich treffen uns am Eingang Dietrich-Bonhoeffer-Straße. Ich habe für jede von uns ein kleines Sträußchen aus dem Garten mitgebracht. Rechts vom Eingang unter dem Rasen sind die Grabstätten. Die Stelle für die heutigen Unbedachten ist bereits ausgehoben, eingerahmt mit grünen Matten.

Pünktlich um 10 Uhr kommt ein Mitarbeiter des Friedhofs mit seinem Fahrzeug und zwei Urnen. Der Mann ist feierlich in Schwarz gekleidet und trägt weiße Handschuhe. Das war nicht immer so.
Margit und ich stehen vor den beiden ausgehobenen Grabstellen. Der Herr im schwarzen Mantel lässt behutsam die Urnen herab, erst die eine, dann die andere. Sie sind beschriftet mit dem Namen des oder der Verstorbenen und den Lebensdaten. Lesen können (und wollen) wir die Aufschrift nicht.

Es ist schwierig, Abschiedsworte für jemanden zu finden, den man nicht kennt und über den man nichts weiß. So liest Margit ein Gedicht vor. Der Reihe nach treten wir an die Grabstellen und werfen unsere Sträußchen hinein. Auch der Friedhofsmitarbeiter hat kleine Zweige mitgebracht und tut es uns nach. Dann verschließt er die beiden Löcher, Schaufel für Schaufel, ganz sorgfältig und bedächtig. Für mich hat diese Handlung etwas Meditatives.

Die Bestattung dauert nicht länger als 15 Minuten. Und doch hat sie einen würdevollen Rahmen. Menschen, die Teil unserer Gesellschaft waren, die der Gesellschaft auf ihre Art etwas gegeben haben, werden bedacht. Ich bin froh, dass wir uns dieser Aufgabe stellen und die Verstorbenen auf eine würdige Art zur letzten Ruhe geleiten. Niemand sollte auf dem letzten Weg allein sein.

Der Mann vom Friedhof verabschiedet uns wie Zugehörige. „Bis zum nächsten Mal“, sagt er.

Gundula Coenders