„Man lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit und das zweite Mal in der Erinnerung“, hat einmal Honoré de Balzac gesagt. Menschen, die wir begleiten, leben auch in uns Ehrenamtlichen weiter, mit ihren Geschichten und mit gemeinsamen Erlebnissen.

In unserem Hospizbüro liegt ein schön eingebundenes Erinnerungsbuch. Für jeden Menschen, den wir begleitet haben, gibt es eine Seite. Name, Geburtsdatum und Sterbedatum sind hier festgehalten. Einige Ehrenamtliche haben die Seite „ihrer“ Begleitung gestaltet – mit der Todesanzeige, einem passenden Zitat, einem Lieblingslied oder -gedicht des verstorbenen Menschen, einem Foto…

Jeder hat eine ganz persönliche Geschichte. So finden sich besondere Ereignisse, die die kranken Menschen mit uns Ehrenamtlichen geteilt haben und die es zu bewahren gilt. Wir Hospizhelferinnen haben das Privileg, Lebensgeschichten zu erfahren und auch Teil der letzten Lebensphase sein zu dürfen. Dazu gehören auch schöne gemeinsame Unternehmungen – wie ein Besuch im Eiscafé, eine Fahrt mit dem Rollstuhl durch das Wohnviertel, der regelmäßige Spaziergang, das Hobby, an dem man sich miteinander freuen kann…

Bei meiner letzten Begleitung hat mir Herr N. von seinem Lieblings-Gedichtbändchen erzählt: „Die dreizehn Monate“ von Erich Kästner. So habe ich es kennen- und auch lieben gelernt. Als Herr N. im März gestorben ist, habe ich zur Erinnerung an ihn das so passende Gedicht über den Monat März in unser Buch geklebt.

In unserem bunt gestalteten Buch leben die Menschen in ihrer Individualität und Einzigartigkeit weiter. Für mich sind es schöne Erinnerungen – wie kleine, dankbare Spaziergänge in die Vergangenheit! Denn: „Die Erinnerung an einen Menschen geht nie verloren, wenn man ihn im Herzen behält“ (Verfasser unbekannt).

 

Eva-Christina Galanulis