Herr Müller blickt auf ein erfülltes Leben zurück. Als er erkrankt, ist seine Familie für ihn da. Er wird zu Hause gepflegt: Die Töchter wechseln sich ab, der Pflegedienst übernimmt Aufgaben und dann das SAPV-Team. Herr Müller kann das gut annehmen. Doch irgendwann erkennt er: Es wird zu viel für die Töchter, auch wenn sie nichts sagen. Er beschließt, nicht zu Hause zu sterben. Er möchte in ein Hospiz überwiesen werden. Alles wird in die Wege geleitet, es geht seinen Gang.

Ein Krankentransporter kommt, zwei junge Männer holen ihn ab. Liegend wird er transportiert. Die beiden Männer wissen um die Bedeutung dieser Fahrt.

Sie sprechen Herrn Müller an: „Wir haben Zeit. Haben Sie einen Wunsch? Können wir Sie irgendwohin fahren?“

Herr Müller überlegt nicht lange: „Ja, noch einmal mein Elternhaus sehen, das wäre schön.“

Als sie dort ankommen, fahren die Männer die Trage auf den Bürgersteig. Wie glücklich Herr Müller aussieht! Vor seinem inneren Auge sieht er sich mit dem Roller umherfahren, sieht seinen Vater den Gehweg fegen und die Mutter am Küchenfenster.

Dann geht es weiter. Und wieder fragen die Männer, ob denn noch ein Wunsch offen sei. „Oh ja! Noch einmal am Nussberg vorbeifahren. Dort habe ich meine Frau kennen gelernt…“

Innerlich glücklich kommt Herr Müller schließlich am Hospiz an. In seinem Kopfkino verarbeitet er die lebendigen Bilder, die ihn an weit zurückliegende Zeiten erinnern. Sie erfüllen ihn voll und ganz.

Helga Hoffmann

 

Anmerkung: Was hier als spontane Aktion von zwei jungen Männern beschrieben ist, gibt es auch als Projekte:
– den „Wünschewagen“ des Arbeiter-Samariter-Bundes
– und den „Herzenswunsch-Krankenwagen“ der Malteser
Beiden Projekten ist gemeinsam: Ehrenamtliche bringen Menschen am Ende ihres Lebens gut umsorgt noch einmal an ihren Lieblingsort. Die mit den Fahrten verbundenen Kosten werden über Spenden finanziert.