Kreuze am Straßenrand. Im Auto nehme ich sie nur flüchtig wahr. Das ist anders, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin. Manchmal bleibe ich stehen – und halte inne.

Viele dieser Unfallkreuze sind mit einem Foto, mit Kerzen, Blumen oder auch Kuscheltieren dekoriert. Oft sind es junge Menschen, die plötzlich und tragisch aus dem Leben gerissen wurden.  Ich stelle mir vor, wie erschütternd  es ist, wenn man sein Kind durch einen Unfall verliert. Habe ich doch selbst vier Söhne. Drei von ihnen haben einen Motorrad-Führerschein. Und tödliche Unfälle mit Motorradfahrern sind besonders häufig.

Diese Kreuze – es sind Gedenkstätten und Orte der Trauer für die Hinterbliebenen. Ein Ritual, um den schmerzhaften Verlust zu begreifen. Nicht nur die Grabstätte auf dem Friedhof ist ein Ort der Erinnerung, sondern auch der Ort des Geschehens. Ich nehme die Kreuze als kleine Mahnmale wahr, die uns auffordern, achtsamer im Straßenverkehr zu sein. Die zuständigen Behörden tolerieren diese Erinnerungsorte; offiziell erlaubt sind sie nicht.

In Griechenland ist es sogar Brauch, kleine Kirchlein am Straßenrand aufzustellen, die mit Blumen und Kerzen geschmückt sind. Unzählige verschiedene Modelle säumen kurvenreiche Bergpässe und Schnellstraßen.

In Wolfenbüttel stehen mitten in der Stadt – am Grünen Platz – gleich zwei Kreuze nebeneinander: Hier wurde 2005 die 11-jährige Vivian tödlich verletzt und an gleicher Stelle 2017 ein  83-jähriger Mann. Fußgänger und Radfahrer – auch sie sind häufig Verkehrsopfer.

In unserem Garten habe ich auch einen Gedenkstein. Er erinnert mich an meine verstorbene Schwiegeroma, zu der ich eine sehr gute Beziehung hatte.

Unfallkreuze, Gedenksteine – Orte der Trauer und zunehmend der Erinnerung.

Eva-Christina Galanulis