In diesem Jahr ist sie mir besonders aufgefallen: die Wegwarte. Auf meinen Fahrradtouren bin ich ihr oft begegnet. Immer wieder staune ich, wie sie aus dem kargen Boden zwischen Straße und Radweg aus dem Asphalt sprießt.

„Am staubigen Feldrand die Wegwarte – schau!
Die leuchtenden Blüten wie der Himmel so blau.“

So treffend beschreibt die britische Buchillustratorin Cicely Mary Barker die von vielen unbeachtete Pflanze.
Dabei ist die Wegwarte ein Farbtupfer und richtiger Wegbegleiter. Oft fotografiere ich sie mit ihren hübschen, meistens blauen Blüten. Es gibt auch seltene Exemplare mit weißer Blüte! Man muss sie nur entdecken und Augen für sie haben.

Wir ehrenamtlichen Hospizmitarbeitenden sind auch Wegbegleiter! Ähnlich wie die Wegwarte stehen wir bereit, um sterbenskranke Menschen zu begleiten. Wir möchten etwas Farbe in ihre noch verbleibenden Lebenstage bringen – durch Zuwendung, Zuhören oder Vorlesen.

Ich habe eine wunderschöne Geschichte über die Wegwarte entdeckt. Vielleicht kann ich sie eines Tages bei einer Begleitung vorlesen. Dazu werde ich einen Strauß Wegwarten pflücken und verschenken.

Text und Fotos: Eva-Christina Galanulis

 

Eine alte Sage beschreibt die Wegwarte als die blauen Augen eines verwandelten Burgfräuleins, das am Wege vergeblich auf die Rückkehr seines Geliebten vom Kreuzzug in das Heilige Land wartet:

Die Geschichte der Wegwarte
Es war einmal eine junge und hübsche Prinzessin, deren Herz weinte vor Kummer. Sie war traurig, denn ihr Geliebter war in den Krieg gezogen. Am liebsten wäre die Prinzessin vor Sehnsucht und Sorge um ihn gestorben, wäre da nicht die Hoffnung gewesen, dass ihr Geliebter eines Tages zu ihr zurückkehren würde.
Nichts anderes konnte die Prinzessin mehr machen, als mit dieser Hoffnung im Herzen am Wegesrand zu stehen und zu warten. Begleitet wurde sie dabei von ihren Kammerzofen. Geduldig hielt sie Ausschau nach dem Prinzen. Tag für Tag.
Erst wenn am Abend die Sonne untergegangen war, machten sich die Prinzessin und ihre Zofen mit hängenden Köpfen auf den Heimweg. Am nächsten Morgen, kaum war die Sonne aufgegangen, warteten sie wieder an Ort und Stelle.
Doch der Prinz kam nicht zurück. Eines Tages hatte Gott ein Einsehen. Er verwandelte die Prinzessin in eine weiße Wegwarte und ihre Kammerzofen in blaue Wegwarten. So stehen sie noch heute hoffnungsvoll am Wegesrand und warten.