Vor einigen Jahren begleitete ich eine alleinstehende Dame. Ihr Herzenswunsch: noch einmal ihre etwa 60 km entfernte Heimatstadt besuchen. Allein konnte sie nicht mehr dorthin fahren. So ergab es sich, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machten.
Als ich sie abholte, erwartete sie mich mit Harke, Blumen und Taschen voller Weihnachtsgeschenke.

Am Ziel angekommen, lotste sie mich durch die Stadt und freute sich an der Rundfahrt.
Zuerst fuhren wir zum Friedhof an das Grab ihrer Eltern, harkten Blätter, stellten Blumen hin. Dabei ließ sie mich an ihren Erinnerungen teilhaben.
Danach war sie mit ihren Söhnen verabredet. Beide mussten an diesem Wochentag arbeiten, deshalb gab es nur kurze Treffen. Voller Stolz stellte sie mir ihre erwachsenen Söhne vor. Es war ihr anzumerken, wie wichtig es ihr war, ihnen persönlich ihre Weihnachtsgeschenke übergeben zu können.

Zu guter Letzt haben wir noch einen kleinen Spaziergang durch die Innenstadt gemacht. Viele Geschichten von früher kamen in ihr hoch. So zeigte sie mir eine Hofeinfahrt gegenüber dem Rathaus. Dort hatten sie und ihre Freundinnen sich als Mädchen versteckt, um die Bräute mit den schönen Kleidern zu beobachten.

An diesem Tag hat sie sich von ihrer Stadt verabschiedet – für uns beide ein trauriger und ein ganz besonderer Tag.

Text: Martina Liebig
Foto: Tanja Ehlers